Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

Montage: Mark Ihlenfeldt unter Verwendung eines Fotos von Kranich17/pixabay.com

Der »eingebaute« Kunde und der künstliche Autor • Der 36. Fall

Wie KI Ihre Kunden verschreckt und Sie als nicht ganz ehrliche Person dastehen, zeige ich in diesem Fall.

ChatGPT und KI (oder Artificial Intelligence) sind derzeit in aller Munde – und werden nicht selten als absoluter Heilsbringer für die Zukunft dargestellt. Aber auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt – man muss manchmal doch etwas genauer hinschauen.

Beim letzten Stammtisch erzählte Michael, ein Unternehmer aus dem Speckgürtel unserer Großstadt, selbstbewusst von seinem Teenager-Filius.

»Der hat sein erstes richtiges Geld verdient«, berichtete er mit Stolz geschwellter Brust. »Er verkauft seine eigenen Bücher im großen Online-Kaufhaus.«

»Seit wann ist er denn unter die Schreiberlinge gegangen?« fragte ihn Sebastian, der bei der Stadt arbeitet.

»Gar nicht«, sagte Michael. »ChatGPT hat geschrieben. Mein Sohn hat am Computer nur ein paar Anweisungen gegeben und das Programm hat ein ganzes Buch ausgespuckt, das er dann als Book On Demand im Online-Kaufhaus angeboten hat. Zuerst wollte es niemand haben, aber nachdem er den Preis ein wenig gesenkt hat, kamen die ersten Bestellungen rein. Tolle Sache, daraus macht er jetzt ein ordentliches Geschäft!«

»Geht das auch mit rechten Dingen zu?« Martin, der Jurist in unserer Runde war skeptisch. »Wie sieht es denn mit dem Urheberrecht in diesem Fall aus? Wo ist denn da die kreative eigene Leistung?«

»Für mich ist das schon eine Art Betrug«, meinte Sebastian, »denn ich kaufe ja ein Buch von Deinem Sohn und nicht von ChatGPT. Oder hat er auf dem Buchdeckel ChatGPT als Autor angegeben?«

Und schon hatten wir eine lebhafte Diskussion, in der Michael gar nicht verstehen wollte, dass andere – wie Martin und Sebastian – die Arbeiten von ChatGPT (wie in diesem Fall geschildert) so negativ betrachteten.

Auf einen Nenner gekommen sind wir nicht, es blieben zu viele Fragen offen.

Was ist passiert?

Die Diskussionen stammen aus dem Umgang mit den Arbeiten der KI. Dass Werkzeuge wie ChatGPT viele Vorteile haben, steht außer Frage. Allerdings reproduzieren sie nur schon bekannte Inhalte, die sie neu zusammensetzen. Sie schaffen keine echten Neuheiten. Ist das dann schon eine eigenständige kreative Leistung?

Zumal die Sammlung der Inhalte als »Futter« für die KI allein in vielen Fällen schon diskussionswürdig ist, denn über Nutzungs- und Urheberrechte an den ursprünglichen Inhalten denkt die KI in der Regel nicht nach. Sie nimmt alles, was sie bekommen kann.

In diesem Fall hat der Sohn von Michael den Output von ChatGPT als sein eigenes Werk ausgegeben – und darüber kann man wirklich trefflich streiten. Wer nicht angibt, dass die kreative Arbeit nicht von einem selbst stammt, sondern komplett von einer Maschine erstellt wurde, begibt sich in eine Grauzone. Manche sehen das als Betrug, andere meinen, da sei jemand unehrlich bezüglich der Urheberschaft gewesen. Auf jeden Fall bekommen die Kunden des Buches ein schlechtes Gefühl, denn sie bezahlen Geld für eine eigenständige kreative Leistung, die sie nicht so erhalten, wie sie das erwartet haben und wie es ihnen verkauft wurde.

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Die Diskussionen am Stammtisch kann ich gut nachvollziehen. Hätte Michaels Sohn klar und deutlich angegeben, dass er die Anweisungen gab und eine KI daraus das vorliegende Werk erstellte, gäbe es keine Missverständnisse. Offen und ehrlich würde kommuniziert, wie das Buch entstanden ist. Im vorliegenden Fall hat Michaels Sohn aber die genaue Herkunft des Manuskripts verschwiegen und damit – strenggenommen – Käufer und Leser des Buchs getäuscht. Keine gute Idee. Wenn sie die Täuschung erkennen, werden sie den (künstlichen) Autor zukünftig ignorieren, denn ihr Geld geben sie gern einem Verfasser, der seine eigenen Gedanken zu Papier bringt – aber nicht einer KI. 

Bleiben Sie daher ehrlich, wenn Sie KI-generierte Inhalte verwenden und geben Sie die Herkunft an. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Texte, grafische Darstellungen (Fotos, Grafiken o. ä.) oder bewegte Bilder (Animationen, Videoclips o. ä.) handelt. Denn auch hier gilt: Ehrlich währt am längsten!

Montage: Mark Ihlenfeldt unter Verwendung eines Fotos von Kranich17/pixabay.com

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