Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

Grafik: Mark Ihlenfeldt

Der »eingebaute« Kunde und der nicht vorhandene Kundenservice •
Der 15. Fall

Das eigene Renommee und ein guter Ruf können ganz schnell beschädigt werden oder gar ganz verschwinden, wenn man den Kundenservice vernachlässigt, wie dieser Fall zeigt, der mir von Lesern dieses Blogs berichtet wurde.

Von einem bekannten deutschen Hersteller kauften sich die Leser bei der Renovierung ihres Badezimmers eine teure Badarmatur für die Dusche, die zunächst auch problemlos ihren Dienst versah. Sie wurde immer getreu den Vorschriften des Herstellers gepflegt und gereinigt. Dennoch: Nach kurzer Zeit war die Armatur unansehnlich und die schöne Chromoberfläche platzte ab.

Die Leser wandten sich an die Reklamationsabteilung für Endkunden des Herstellers, bei dem sie die Armatur gekauft hatten, denn sie befanden sich noch im Zeitraum der gesetzlichen Gewährleistung. Sie wollten einen Austausch der defekten Armaturteile erreichen. Doch der Hersteller blockte jegliche Verantwortung ab. Die Kunden insistierten jedoch auf eine weitere Bearbeitung durch den Hersteller direkt. Warum sonst gab es eine Reklamationsabteilung für Endkunden? Also versuchte es der Hersteller mit der Aussage, dass in diesem Fall die falschen Reinigungsmittel verwendet worden seien, anders sei dieses Fehlerbild doch gar nicht erklärbar. Die Kunden erwiderten, dass die Armatur immer genau nach den Vorgaben des Herstellers gereinigt worden sei. Erst jetzt – nach einigem Hin und Her per E-Mail – bat der Hersteller um die Zusendung der fehlerhaften Armatur, um sie im eigenen Labor zu untersuchen.

Und für die Kunden begann die Zeit des Wartens. Denn erst nach einigen Wochen und Nachfragen seitens der Kunden bestätigte der Hersteller den Mangel und erklärte sich bereit, die Armaturteile zu tauschen. Kurze Zeit später traf das Paket mit den Teilen bei den Kunden ein.

Doch dort machte sich schnell Enttäuschung breit: Der Hersteller hatte nicht alle Elemente ausgetauscht, die die Kunden ihm zur Prüfung zugeschickt hatten, sondern nur Teile davon. Eine wichtige Komponente fehlte. Die Kunden wandten sich erneut an den Hersteller. Erneut begann eine interne Prüfung. Wieder einige Tage später kam bei den Kunden das nächste Paket an – es enthielt tatsächlich das letzte fehlende Teil.

Nach einem Vierteljahr war der Austausch der mangelhaften Badarmatur damit abgeschlossen. Während dieser Zeit gab es für die Kunden vom Hersteller keinen Vorabtausch oder ähnliches. Die Kunden mussten einfach auf die Armatur ersatzlos verzichten…

Sie werden nach dieser Erfahrung bei weiteren Käufen auf Produkte dieses Herstellers verzichten und berichten eifrig in ihrem großen Bekannten- und Freundeskreis über diesen miesen Service.

Was ist passiert?

Es scheint eine ganz besondere Taktik mancher Hersteller zu sein, dass sie Mängel während der Gewährleistungsperiode zunächst abstreiten und die Verantwortung dafür von vornherein dem Kunden zuweisen. Auf den ersten Blick erscheint das als beste Methode, um an dieser Stelle Geld zu sparen. Wenn der Kunde dann nachfasst und beweisen kann, dass er schuldlos ist, spielt man auf Zeit. Irgendwann wird der Kunde ja schon aufgeben, so hofft man wohl auf Herstellerseite. Wenn der Kunde auch an dieser Stelle hartnäckig bleibt, lässt man sich das mangelhafte Produkt zur Prüfung zuschicken. Diese Prüfung dauert selbstverständlich wieder einige Zeit – und der Kunde steht ohne die Armatur in seinem Bad da. Vielleicht kauft er sich ja für diese (Warte-)Zeit eine neue und die Angelegenheit verläuft so im Sande… (Dies sind jedoch alles Vermutungen, denn man kann es den Herstellern nicht nachweisen, dass sie so handeln. Ihr Verhalten lässt aber durchaus diese Annahme zu.)

Nur: Geld sparen die Hersteller so nicht. Hartnäckige Kunden werden schlussendlich den Austausch des fehlerhaften Produkts erreichen und der Hersteller hat viel Zeit und Aufwand investiert – für nichts.

Und er verliert sogar: Kunden und Image. Denn solchermaßen behandelte Kunden werden diesem Hersteller auf Dauer den Rücken zuwenden und darüber berichten. Das zerstört dann mit der Zeit auch Ruf und Renommee des Herstellers, weil nun wirklich niemand solch einen nicht vorhandenen Kundenservice erleben will.

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Überlegen Sie sich gut, ob Sie Gewährleistungsfälle auf diese Art abwickeln wollen. Bei den Kunden, die um ihre Rechte wissen, werden Sie damit auf Granit beißen und am Ende ordentlich draufzahlen. Prüfen Sie den Fall kurz und immer unter Servicegedanken für den Kunden. Nur bei offensichtlichen Zweifeln an den Angaben des Kunden beharren Sie auf Ihrer Position. Aber: Verzögern Sie den Servicefall nicht, sondern klären Sie ihn so schnell wie möglich. So erreichen Sie, dass Ihnen die Kunden mehr Vertrauen entgegenbringen und Sie eher empfehlen – und das ist mehr wert als der Preis einer nicht ausgetauschten Badarmatur.


Grafik: Mark Ihlenfeldt

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