Der »eingebaute« Kunde und der arrogante Auftritt •
Der 16. Fall
Wie man eine potenzielle Kundenbeziehung durch arrogantes, egoistisches und kundenunfreundliches Verhalten gleich zu Beginn verhindert, zeigt dieser Fall.
Ich brauchte vor einigen Jahren ein neues Auto. Es kamen drei Modelle von verschiedenen Herstellern in Frage. Also fuhr ich an drei aufeinander folgenden Tagen zu den Autohäusern, die diese Marken in meiner Heimatstadt vertraten. Zwei waren echte Niederlassungen der Hersteller, eines war der Vertragshändler des Herstellers für die Region.
Bei der ersten Niederlassung war man freundlich und zuvorkommend, wollte mir aber für meinen alten Wagen, den ich in Zahlung geben wollte, nicht einmal annähernd die gewünschte Summe geben.
Also am nächsten Tag in der Mittagspause weiter zur zweiten Marke, die wie die erste aus Süddeutschland stammt. Als ich in den großen, mit bodentiefen Fenstern versehenen und auf Hochglanz polierten Verkaufsraum kam, war kein Mensch zu sehen. Ich schaute mich suchend um, doch weit und breit war da niemand.
Ganz leise hörte ich jedoch Stimmen. Ich versuchte sie zu orten. Sie schienen aus dem angrenzenden Bürotrakt zu kommen. Die Verbindungstür vom Verkaufsraum zum Flur mit den Büros stand offen und ich ging hinein. Jetzt hörte ich sprechende Menschen ganz klar und deutlich. Sie kamen aus dem angrenzenden Konferenzraum.
Ich klopfte höflich an und ging hinein.
Sieben Personen saßen um den Konferenztisch herum und aßen zu Mittag. Ein Mann mittleren Alters musterte mich von oben bis unten und runzelte die Stirn.
»Was wollen Sie?«, fragte er von oben herab.
»Guten Tag, ich interessiere mich für eines Ihrer Modelle und möchte gern Prospektmaterial bekommen.«
»Sehen Sie nicht, dass wir Mittagspause haben?«, herrschte er mich an. »Kommen Sie in einer Stunde wieder!«
Verdattert trat ich den Rückzug an. ›Nein danke, hier werde ich nie wieder herkommen‹, dachte ich und ging. Und kam tatsächlich nicht wieder. Diese Marke ist mir bis heute zuwider und solange ich keine andere Wahl habe, weigere ich mich, ein Fahrzeug dieses Herstellers zu fahren – geschweige denn zu kaufen.
Was ist passiert?
Offensichtlich hatte die verantwortliche Person in dieser Niederlassung nicht verstanden, was es heißt, schon vor dem Kauf eine positive Kundenbeziehung aufzubauen. Es war schon verwunderlich: Ich kam zu normalen Öffnungszeiten (durchgehend, auch über Mittag) und der gesamte Verkaufsraum war leer. Niemand da, der sich um Kunden kümmerte – egal ob potenzielle neue oder alte, die schon ein Fahrzeug dieser Marke besaßen.
Einen Kunden, der ein Anliegen hat, aber direkt rauszuschmeißen und auf eine Stunde später zu vertrösten, ist ein Unding. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich dabei um einen Neukunden oder einen Bestandskunden handelt. Bei mir führte es dazu, dass ich dieser Marke bis heute – viele Jahre später – den Rücken zukehre. Egal, was da angeboten wird oder welche technologische Innovation präsentiert wird – es interessiert mich nicht. Mich hat diese namhafte deutsche Marke dauerhaft als Kunden verloren, muss ich doch davon ausgehen, in dieser Weise auch als Bestandskunde behandelt zu werden.
Der Tipp des »eingebauten« Kunden
Der erste direkte Kundenkontakt ist extrem wichtig. Hier können Fehler gemacht werden, die sich gravierend auswirken. Im beschriebenen Fall hatte die Niederlassungsleitung nicht sichergestellt, dass die Kunden immer an erster Stelle stehen. An diesem Tag war den Mitarbeitenden die eigene Mittagspause wichtiger als das Anliegen eines Neukunden.
Wenn Sie diesen Kunden dann unverrichteter Dinge vor die Tür setzen, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie ihn nie wieder sehen. Wenn an einem Tag Ihr Geschäft aus wichtigen Gründen nicht wie angekündigt durchgehend geöffnet ist oder Sie Kundenanfragen derzeit nicht zeitnah beantworten können, informieren Sie die Kunden (ein Aushang an der Eingangstür oder eine Infotafel auf der Homepage reichen aus) und schließen Sie die Tür, damit die Kunden nicht doch hineinkommen. Online Anfragen sollten dann kurzfristig abgearbeitet werden.
Ein gemeinsames Mittagessen der Mitarbeitenden ist übrigens kein ausreichender Grund… Denn hier besteht die Gefahr, dass die Kunden sich zurückgesetzt fühlen und Ihnen Arroganz und Egoismus vorwerfen werden. Völlig zu Recht: Wenn Sie durchgehende Öffnungszeiten versprechen, sollten Sie diese auch fortwährend einhalten. Das gilt analog auch für Angaben auf Ihrer Webseite. Abweichungen davon wollen gut überlegt und noch besser begründet sein. Sie spielen mit dem Vertrauen Ihrer Kunden, dass Sie sich hart erarbeitet haben. Wenn Sie hier etwas falsch machen, werden Ihre Kunden Ihnen das sehr lange nachtragen. Sie werden erheblichen Aufwand (Zeit und Geld!) treiben müssen, um das verloren gegangene Vertrauen zurückzuerlangen – wenn das überhaupt möglich ist.
Nachtrag: Ich fuhr am Folgetag zum dritten Autohaus, das auf meiner Liste stand. Dort fand ich meinen Traumwagen und wir wurden uns sehr schnell handelseinig. Dem Konzern bin ich heute noch treu.
Foto: gutdesign_de/pixabay
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