Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

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Der »eingebaute« Kunde und die verwirrende Auskunft •
Der 22. Fall

Einmal rauf und runter auf der Gefühlsachterbahn – wie gut gemeinte Auskünfte genau das Gegenteil bewirken, zeigt dieser Fall.

An einem Wochenende im Juli waren mein Schatz und ich für zwei Tage in unserer schönen alten Bundeshauptstadt Bonn. Und da wir nachhaltig reisen wollten, wählten wir für die An- und Abreise die Deutsche Bahn als Verkehrsmittel. Während auf der Hinfahrt alles bestens war und wir pünktlich in Bonn ankamen, stellte sich die Situation auf der Rückreise ganz anders dar. Die Züge aus dem Süden in Richtung Norden hatten alle Verspätung, durchaus 20 bis 30 Minuten. Und da wir ein Ticket mit Zugbindung gekauft hatten, waren wir auf die im Ticket genannte Verbindung angewiesen. Als wir auf dem Bahnsteig ankamen, wurde uns eine Verspätung von 15 Minuten avisiert. Unseren Umstieg in Köln müssten wir dann eigentlich problemlos erreichen; das System der Deutschen Bahn hatte einen Puffer von 20 Minuten eingeplant, der nun allerdings auf 5 Minuten schmolz.

Der Zug nach Köln fuhr dann letzten Endes mit 24 Minuten Verspätung in Bonn los und durchquerte in Bornheim ein heftiges Gewitter – das extrem wechselhafte Wetter war wohl auch der Anlass für die vielen Verspätungen.

Und dann ging es los: Die App der Deutschen Bahn meldete sich zu Wort und teilte uns mit, dass der Anschlusszug »gegebenenfalls erreicht« werden könne, weil auch dieser Zug Verspätung hatte. Ok, wir stellten uns darauf ein, dass wir am Kölner Hauptbahnhof den Wechsel zum Abfahrtsgleis rennend zurücklegen würden und überlegten, wo der strategisch beste Ausstiegspunkt wäre.

Kurze Zeit später ertönte ein neues Hinweissignal. »Anschluss kann nicht erreicht werden.« Ein kurzer Blick in die DB-App zeigte, dass der Anschlusszug nun wieder als »pünktlich« dargestellt wurde und wir ihn aufgrund unserer eigenen Verspätung nicht erreichen würden.

Baustellen im Süden Kölns verzögerten unsere Fahrt weiter, so dass wir überlegten, wie wir denn nun nach Hause kommen würden. Da hörten wir wieder das DB-App-Signal. »Anschlusszug kann erreicht werden.« Ähm, wie denn jetzt? Ein Blick in die App schenkte uns die gewünschte Aufklärung: Der Anschlusszug hatte nun doch eine ordentliche Verspätung und wir würden den Umstieg mit ein, zwei Minuten Puffer schaffen.

In der Anfahrt auf den Kölner Hauptbahnhof stoppte unser Zug jedoch unvorhergesehen. Der Zugführer meldete sich per Durchsage und informierte uns, dass sich unsere Weiterfahrt um einige Minuten verzögern würde, weil das Ankunftsgleis noch nicht für uns frei wäre. Die eben gefühlte Freude, dass es mit dem Anschluss doch klappen könnte, wich aus unseren Gesichtern und manch anderem Fahrgast im Zug. Das würde arg knapp werden…

Beim Stopp des Zuges sahen wir den Anschlusszug am nächsten Bahnsteig stehen und Fahrgäste einsteigen. Es blieb uns nicht viel Zeit mehr, der Zug würde bald abfahren. Gehetzt kamen wir in unserem Abteil an, nahmen unsere reservierten Plätze ein und erfuhren, dass sich die Abfahrt der Zuges um weitere fünf Minuten verzögern würde. Irgendwie passten die offiziellen Informationen der DB-App mit der Realität so gar nicht übereinander.

Was ist passiert?

Dass die Deutsche Bahn Probleme hat, ist ein »alter Hut«. Sowohl um den Fahrbetrieb als auch um die Kommunikation mit den Fahrgästen vor Ort ist es nicht gut bestellt – und das seit Jahren. Die DB bemüht sich zwar, aber es geschieht immer wieder: Verspätungen (aus welchen Gründen auch immer) bringen den gesamten eng getakteten Fahrplan durcheinander. Und diese komplexen Fahrbeziehungen und Abfahrtszeiten kollidieren dann mit den in der App hinterlegten Soll-Informationen. Das zur verlässlichen, korrekten Anzeige notwendige Backend steht der Bahn aber offensichtlich nicht zur Verfügung. Und so entsteht das Chaos nicht nur auf der Schiene, sondern auch in der Fahrgastinformation, die den »Live«-Zustand zeigen soll, also den realen Status. Der war an dem Tag eben ziemlich wirr…

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Wer einen »Live«-Status anbietet, hat schon viel gewonnen, wenn er das echte tatsächliche Geschehen real abbilden kann. In diesem Fall hat die Deutsche Bahn das wirklich ziemlich gut hinbekommen. Allerdings passt die Kundeninformation dann nicht ganz so gut dazu: Im Minutentakt darüber zu informieren, dass man den Anschluss »gegebenenfalls«, kurz darauf »nicht« und anschließend doch erreichen kann, erzeugt bei den Fahrgästen und Kunden eine Gefühlsachterbahn, Verwirrung und Chaos. Bei solch kurzschrittigen Informationsfolgen wäre eine übergeordnete Aussage wie »Achten Sie auf die Lautsprecherdurchsagen am Gleis!« wesentlich sinnvoller gewesen, weil sie das Durcheinander glättet. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht… Hoffen wir auf Besserung.

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