Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

Foto: Stefan/pixabay

Der »eingebaute« Kunde und das ungenießbare Steak •
Der 28. Fall

Wie zu wenig Personal die Abläufe für die Kunden so durcheinander bringt, dass diese nicht mehr wiederkommen, zeigt dieser Fall.

Die Größe unseres Kreuzfahrtschiffes brachte es auch mit sich, dass die Hauptrestaurants zu den Essenszeiten immer gut gefüllt waren und hunderte Menschen gleichzeitig zu den Mahlzeiten kamen. Das funktioniert nur mit gut organisierten und vor allem gut orchestrierten Abläufen. Wenn man mit einer entsprechend gut besetzten Mannschaft arbeitet, klappt das auch einwandfrei und die Gäste sind satt und zufrieden, wenn sie nach dem Dinner aufstehen, um an die Lieblingsbar für einen Absacker oder den Start in die bevorstehende Nacht zu gehen.

Wir erlebten an einem Abend aber ein völliges Desaster: Zuerst ist das Rindersteak, das mir serviert wird, kalt – und ich meine wirklich kalt, nicht lauwarm – und dann wird der bestellte Nachtisch auch nach mehr als 30 Minuten Wartezeit nicht serviert. Beim Steak ist der Chef des Services erkennbar irritiert und will eine Nachlieferung veranlassen, die uns aber erneute Wartezeit gekostet und meinen Schatz und mich um ein gemeinsames Abendessen gebracht hätte. Wer nun meint, die Serviceleute würden sich ab sofort um einen reibungslosen Ablauf an unserem Tisch kümmern, der irrt gewaltig: Die Hauptspeisen sind abgeräumt und nun sollte der Nachtisch serviert werden. An den vorangegangenen Abenden standen die süßen Verlockungen auch spätestens nach 10 bis 15 Minuten vor uns. An diesem Abend nicht: Wir wurden einfach nicht mehr beachtet und nach mehr als 30 Minuten erfolglosem Warten sind wir einfach gegangen. Dieses Dinner war eines zum Vergessen und keines mit einem Ruhmesblatt für die Reederei, die Prozessgestalter und die Restaurantcrew.

Was ist passiert?

Die Abläufe beim Essen in den Hauptrestaurants sind auf höchste Effizienz getrimmt, was bedeutet, es gibt nur ein absolutes Minimum an Servicekräften, die sich um ein Maximum an Tischen kümmern müssen. Wehe, hier passiert etwas. Dann gerät der präzise geplante Ablauf ins Wanken und die Gäste sind die Leidtragenden, weil die Servicemannschaft die Probleme nicht ausgleichen kann. In unserem Fall hatte ein kleines Kind an einem Nebentisch einiges Geschirr samt Speisen und Getränken vom Tisch »abgeräumt«, so dass sich unser Ober erst einmal darum kümmern musste, um diesen Tisch wieder »Dinner-fähig« zu gestalten. Während dieser Zeit standen mehrere aus der Hauptküche gelieferte Speisen im Wartebereich und harrten aus, um serviert zu werden. Darunter auch mein Rindersteak. Und wo in anderen Restaurants Wärmelampen die wartenden Speisen warmhielten, damit sie nicht auskühlten, herrschte auf diesem Schiff in diesem Hauptrestaurant (wie auch in den anderen, wie wir später feststellen konnten) gähnende Leere. Die Mahlzeiten wurden nach und nach immer kälter. Als sich die zuständige Servicekraft endlich darum kümmern konnte, waren sie endgültig kalt geworden. Ich als Gast war gar nicht begeistert, sondern richtig enttäuscht von dieser mangelhaften, wenig praxisnahen Ablauf-Organisation, die bei einem so alltäglichen Vorfall so sehr ins Straucheln geriet. Das war keine großartige Leistung und noch weniger Werbung für eine erneute Kreuzfahrt mit diesem Unternehmen.

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Passen Sie auf, wenn Sie Ihre Abläufe und Prozesse optimieren. Denn man kann sie auch kaputt optimieren. Wenn die Personaldecke zu dünn ist, gerät die gesamte Planung bei Ausfällen, Verzögerungen oder anderen Abweichungen vom reguläre Prozess ins Rutschen, weil niemand mehr da ist, um das Manko auszugleichen. In unserem Fall hätte sich nicht die zuständige Servicekraft um die Beseitigung des Malheurs am Nebentisch kümmern sollen, sondern beispielsweise ein Springer, der nur und ausschließlich für solche Fälle eingeteilt ist. Nur dann hat die zuständige Servicekraft die Möglichkeit, die zugeteilte Arbeit umfassend und im Zeitplan zu erledigen. So ging aber alles drunter und drüber, weil er zunächst andere Dinge erledigen musste, bevor er zu seinem normalen Ablauf zurückkehren konnte. Gelitten haben die anderen Gäste, die dann ein erkaltetes Essen serviert bekamen.

Eine andere Möglichkeit sind Wartebereiche mit Wärmezonen, in denen servierbereite Mahlzeiten warm bleiben und nicht erkalten, wenn sie nicht sofort nach Ankunft aus der Hauptküche an den Platz des Gastes gebracht werden können. Eine Investition, die sich lohnen kann.

Hier fehlte beides. Die Optimierung brachte zu wenig Personal und eine fehlende technische Ausstattung. Die betroffenen Gäste haben daraufhin ihre Konsequenzen gezogen und werden dieser Reederei ab sofort die kalte Schulter zeigen.

Denken Sie bei jeder Anpassung oder Gestaltung eines Ablaufs auch daran, was passiert, wenn Störungen geschehen und bauen Sie entsprechende Lösungen ein, um diesen Störungen zu begegnen, damit Ihre Kunden oder Gäste nicht die Leidtragenden sind. Denn die gehen gegebenenfalls dauerhaft und kommen nicht wieder.

Foto: Stefan/pixabay

© 2024 mimeco Mark O. Ihlenfeldt • Alle Rechte vorbehalten • Impressum

Free AI Website Builder