Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

Foto: J. Plenio/pixabay

Der »eingebaute« Kunde und das unauffindbare Restaurant •
Der 29. Fall

Wie die Summe vieler (kleiner) Unstimmigkeiten dazu führt, dass die Kunden sich abwenden und nicht wiederkommen, zeigt dieser Fall.

An einem Abend hatten wir auf unserer Kreuzfahrt eine Reservierung für ein »Dinner under the stars«, also ein Dinner unter den Sternen. Im Außenbereich in der Nähe des Foodcourts wurden Tische eingedeckt und die Gäste konnten draußen speisen – das hatten wir an einigen Abenden vorher schon gesehen, als wir einen abendlichen Spaziergang an Deck machten.

Als wir dort zum Reservierungszeitraum eintrafen, stellten einige Reedereimitarbeiter gerade Tische und Stühle zusammen – von gastlicher Atmosphäre keine Spur. Wir fragten die Menschen, wo wir denn nun unser Essen einnehmen könnten. Und wurden ziemlich verständnislos angeschaut. »Keine Ahnung«, war die Antwort. »Versuchen Sie es doch einmal auf Deck 18, bei der Snackbar.«

Wir schauten uns fragend an. Und machten uns auf den Weg.

Zehn Decks höher angekommen, waren auch dort alle Food-Outlets geschlossen. Nichts zu sehen von dem versprochenen und gebuchten Dinner unter den Sternen. Auch dort waren einige Mitarbeiter dabei, aufzuräumen und die Liegen zu reinigen und für den nächsten Tag ordentlich aufzustellen. Wir fragten auch hier nach. Auch hier hatte niemand eine Idee, was mit dem Pop-Up-Restaurant passiert sein könnte.

Also wieder hinunter auf Deck 8. Wir wollten nun in den dort angesiedelten Restaurants fragen, was denn mit dem Dinner unter den Sternen passiert ist, nötigenfalls in jedem einzelnen auf dem Deck…

Wir begannen mit der Pizzeria, gleich neben dem Ausgang zum Außendeck, wo das Sternen-Dinner stattfinden sollte. Am Reservierungspult war niemand zu sehen, aber es eilten einige Servicekräfte von Tisch zu Tisch, um den Gästen ihre Speisen und Getränke zu servieren. Eine junge Frau fragten wir dann nach dem unauffindbaren Restaurant. Sie verwies uns an den Maître des Restaurants, der sich gerade schwatzend in der Küche aufhielt, und der nun von seiner Kollegin an seinen eigentlichen Arbeitsplatz gerufen wurde.

Er schaute uns erstaunt an, als ob er gar nicht begreifen könnte, welches Problem wir denn hätten. »Das haben wir wegen des starken Windes von draußen nach drinnen verlegt«, antwortete er auf unsere Frage. »Gehen Sie zur Showküche, dort können Sie das Dinner einnehmen.« Sprach’s, drehte sich um und verschwand wieder in der Küche, um den unterbrochenen Schwatz mit dem Küchenpersonal fortzusetzen.

In der Showküche konnte man tagsüber lernen, wie man Sushi richtig rollt oder wie leckere italienische Desserts hergestellt werden. Abends war sie aber immer geschlossen und nicht zugänglich. Verwundert machen wir uns auf den Weg zum unscheinbaren Eingang. An der Tür fanden wir ein kleines, DIN A5 großes Schild, das besagte, dass das »Dinner under the stars« heute ausnahmsweise hier stattfinden würde. Wir fragten den Servicemitarbeiter, der im Eingangsbereich stand und auf Gäste wartete, ob wir denn hier richtig wären. Er hieß uns willkommen und zeigte uns unsere Plätze. Als wir ihm unsere Odyssee durch das Schiff schilderten, wunderte er sich sehr, denn eigentlich sollte eine Beschilderung am Ausgang zum Außenbereich auf den Ausweichort hinweisen. Zusätzlich sei auch das Personal der Pizzeria gebrieft worden, um suchenden Gästen hilfreich zur Seite zu stehen. Nichts davon war geschehen. Und so erlebten wir erneut einen Abend voller kleiner Unstimmigkeiten, die uns Gästen die Laune vermiesten, weil sich niemand wirklich zuständig fühlte und die zahlenden Kunden ignoriert wurden.

Was ist passiert?

Wenn aus Witterungsgründen ein Veranstaltungsort verlegt wird, hat jeder Gast Verständnis dafür, denn dies geschieht ja auch in seinem eigenen Sinn. Allerdings sollte der Veranstalter sicherstellen, dass die Gäste auch ordentlich informiert werden, damit sie den alternativen Ort kennen und nicht – wie wir – ziellos umherirren.

In unserem Fall war das wohl auch geplant, wurde aber nicht umgesetzt. Die Beschilderung fehlte und der Person, die damit beauftragt war, sich um die Gäste zu kümmern, war die Plauderei mit den Küchenkollegen wichtiger. So geht auch der beste Plan schief…

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Gerade bei Abweichungen vom normalen Prozess schleichen sich Fehler gern ein, weil die Menschen auf eine außergewöhnliche Situation reagieren müssen. Wenn solche Störungen absehbar sind, sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeitenden vorher informiert werden und sie wissen, wie sie in einem solchen Fall mit den Kunden kommunizieren sollen. Im aktuellen Fall wussten nicht alle betroffenen Mitarbeitenden, was sie den Gästen sagen sollen. Die Gäste mussten sich entsprechend durchfragen und die Reaktion des Maître in der Pizzeria ist ein absolutes No-Go. Hier hätte eine Führungskraft dafür sorgen müssen, dass die Störungskommunikation fehlerfrei umgesetzt wird. Da das fehlte, erlebten wir als Gäste wieder einmal einen Ausfall des Kundenservice auf diesem Schiff.

Unser Fazit: Wegen der vielen kleinen Unstimmigkeiten an Bord haben wir einfach zu viele Situationen erlebt, in denen wir als Kunden nicht wertgeschätzt und ignoriert wurden. Es mag damit zusammenhängen, dass wir eine Kreuzfahrt vom Typ »Family & Fun« gebucht hatten, aber auch hier dürfte man zahlende Gäste nicht so behandeln. Stammgäste werden wir hier und auf den anderen Schiffen der Reedereigruppe auf keinen Fall. Einmal und nicht wieder, lautet unser Resümee. Wir werden uns wieder anderen, uns bekannten Anbietern widmen, bei denen wir einen wesentlich besseren Kundenservice erleben durften.

Foto: J. Plenio/pixabay

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