Der »eingebaute« Kunde und der defekte Receiver
• Der 3. Fall
Für den reibungslosen Empfang der Fernsehsender hat uns unser Kabelnetz- und Internetanbieter verpflichtend einen eigenen Receiver zur Verfügung gestellt, der nun schon geraume Zeit herumspinnt. Bild- und Tonaussetzer häufen sich und beim Umschalten hängt sich das Gerät auch gern mal komplett auf. Im Herbst gab es dann ein Software-Update, mit dem alles besser werden sollte. Dieses stellte sich aber als nichts anderes als eine klassische »Verschlimmbesserung« heraus, denn der Receiver wollte nun noch nicht einmal mehr ordentlich starten.
Die Kontaktaufnahme mit dem Anbieter zur Behebung der Probleme gestaltete sich schwierig, denn an der Hotline ergaben sich lange Wartezeiten, ohne dass die Anrufe von Erfolg gekrönt waren – die Anrufe liefen ins Leere: Keine Antwort. Allerdings hat der Anbieter eine sehr rührige Social-Media-Mannschaft. Eine Private Nachricht über Twitter brachte dann immerhin die Antwort, dass bald ein Techniker bei uns vorbeischauen würde, um das Gerät zu checken – der von uns gewünschte Austausch wäre direkt nicht möglich, erst müsse ein Techniker das Gerät prüfen.
Einige Tage später klingelte der Kollege der beauftragten Fremdfirma dann auch bei uns, schaute kurz auf das Gerät und meinte lapidar: »Da kann ich Ihnen auch nicht helfen, das Ding muss ausgetauscht werden. Die können das Software-Update in der Regel nicht korrekt verarbeiten.«
»Ja, bitte, dann veranlassen Sie das doch!« erwiderte ich.
»Das wird schwierig«, antwortete der Techniker. »Denn unsere Hotline für den Technik-Außendienst ist ständig überlastet und ich kann dann keinen Austausch initiieren.«
Er versuchte es in den folgenden zehn Minuten mehrere Male, die Verbindung brach aber immer wieder ab, der Austausch konnte nicht gestartet werden. Ein durch und durch erfolgloser Technikerbesuch mit den damit verbundenen Kosten.
Ich bekam von ihm den Ratschlag, mit dem Besuchsbericht, den er mir zusenden würde, noch einmal Kontakt mit dem Anbieter aufzunehmen. Gesagt, getan. Einige Zeit später schrieb ich erneut eine Private Nachricht an den Twitter-Account des Anbieters. Nun bekam ich zur Antwort, dass ich mich erst identifizieren möge, bevor man mir helfen könne. Dazu sollte ich einige Fragen in einem Formular ausfüllen. Auch das tat ich. Und dann – man glaubt es kaum – folgte die Nachricht, dass man mir gern ein Austauschgerät zusenden würde, das mich einige Tage später auch erreichte. Meine Irritation über diese überbordende, aufwändige und damit teure Komplexität dieses Kundenservices war (und ist) riesig.
Und meine Verärgerung bleibt, denn das Austauschgerät weist ähnliche Mängel auf wie der ursprüngliche Receiver. Wie sagte der Techniker noch: »Die gesamte Gerätegeneration ist überfordert und fällt immer wieder aus. Aber die neue Generation bekommen nur Neukunden, Sie als Bestandskunde schauen da in die Röhre.«
Was ist passiert?
Wenn der betroffene Kabelnetzbetreiber nicht eine Art Monopol in unserem Viertel hätte, wäre dieses Vorgehen der Grund, den Anbieter zu wechseln. Dieses Verhalten (unzureichende, mangelhafte Technik; funktionierende Geräte nur für Neu- aber nicht für Bestandskunden; extrem kundenunfreundliche, aberwitzig aufwändige und ergebnislose Kundenserviceprozesse) vergrault die Kunden nachhaltig. Für mich ist eins klar: Sollten wir umziehen oder es sich eine andere Alternative bieten, werde ich diesen Anbieter verlassen – so schnell es geht.
Der Tipp des »eingebauten« Kunden
Betrachten Sie diesen Fall einmal aus der Kundenperspektive, dann werden Sie die Verärgerung auf seiner Seite sehr schnell verstehen und nachvollziehen können. Vereinfachen Sie solche Prozesse! Wenn Sie eine Software nicht auf veraltete Geräte aufspielen können, überlegen Sie sich, wie Sie die Bestandskunden dennoch mit der neuen Technik versorgen können – denn anderenfalls sind diese oftmals sehr treuen Kunden, mit denen man gutes Geld verdienen kann, sehr schnell weg beim Wettbewerb. Und Neukundengewinnung ist ein teures aufwändiges Geschäft.
Auf jeden Fall ist eine kulante Kundenbindung in einem solchen Fall die sinnvollere Variante.
Foto: Mark Ihlenfeldt
Drag & Drop Website Builder