Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

Grafik: Mark O. Ihlenfeldt

Der »eingebaute« Kunde und die veralteten Stellenanzeigen •
Der 31. Fall

Wie Sie als Anbieter eines Stellenportals jegliches Vertrauen verspielen, weil Sie Ihre Datenqualität nicht aktuell halten, zeige ich in diesem Fall.

Wer auf Jobsuche ist, nutzt meistens nicht nur eine Quelle bei der Suche nach offenen Stellen, sondern mehrere Portale. Und da gibt es Unterschiede. Manche lassen sich den Zugang fürstlich bezahlen, andere behaupten, dass Jobs ihr Job wären, manche sagen von sich, dass Sie dort nach einem Klick alle Job finden würden und wieder andere werben damit als eine Form eines sozialen Netzwerks ganz besonders nah dran am Job zu sein.

Wie immer bei solchen Angeboten ist aber Vorsicht geboten. Bei einem Anbieter wurden mir letztens einige sehr interessante offene Stellen offeriert, die mich wirklich reizten. Seltsam war allerdings, dass bei der detaillierten Ansicht des Angebots keine Möglichkeit zum direkten Bewerben erschien, nur der Link zum werbenden Arbeitgeber war da zu sehen. Na gut, gehe ich eben den Umweg über die Karriereseite des Unternehmens. Dort angekommen, musste ich nach einiger Recherche feststellen, dass es die ausgeschriebene Stelle augenscheinlich gar nicht gab. Schade, aber nicht zu ändern. Auf zum nächsten Angebot. Hier sieht’s allerdings ähnlich aus: Direktes Bewerben aus dem Portal nicht möglich, nur ein Link zum suchenden Arbeitgeber. Aber auch hier existiert die ausgeschriebene nicht unter den offenen Stellen. Seltsam. Ich wundere mich. Was ist hier los? Und beginne umfassender zu recherchieren. Ergebnis: Die erste Stellenanzeige wurde 2017 geschaltet, die zweite stammt aus dem Jahr 2019. Die genannten Firmen suchen derzeit keine neuen Mitarbeiter in der ausgeschriebenen Position. Völlig veraltete Inhalte werden im Jahr 2023 gezeigt. Und ruinieren damit das Vertrauen in das Portal und dessen Ruf und Ansehen. Zudem gefährden sie zusätzlich das Image der genannten Firmen, weil ein unzutreffender Eindruck erweckt wird.

Was ist passiert?

Es lässt sich vermuten, dass das Portal alte Datenbestände genutzt hat, ohne zu prüfen, ob die Inhalte noch aktuell sind. Man kann annehmen, dass das Motto »Mehr Schein als Sein« gilt: Die Betreiber wollen also ein größeres Angebot zeigen, als tatsächlich vorhanden ist. Keine gute Idee. Aber nachvollziehbar, wenn man weiß, dass es für zahlende Kunden eine Premiummitgliedschaft gibt, in der zusätzliche Services verfügbar sind. Die müssen aber auch vorhanden und verfügbar sein. Wer schaut denn da schon hinter die Kulissen und stellt fest, dass einige Angebote einfach total veraltet sind? Die Liste der Angebote ist gut gefüllt und lang. Die meisten Mitglieder werden die Schuld auf die Firmen schieben, die die Suchanzeige wohl gerade erst deaktiviert haben. Dass das Portal dahintersteckt, ist für die meisten nicht erkenntlich. Gerade bei der Jobsuche braucht es aber eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Portalbetreiber, Stellenanbietern und Jobsuchenden. Nicht existente Offerten, damit »man einen auf dicke Hose machen« kann, kommen da gar nicht gut an. Den Job, der zu mir passt, suche ich dann an anderer Stelle – es gibt genügend Alternativen.

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Vertrauen ist in der Beziehung zu Ihren Kunden ein hohes – wenn nicht das höchste – Gut. Setzen Sie es nicht aufs Spiel! Einmal verlorenes Vertrauen ist nur unter großen Schwierigkeiten und mit sehr hohem Aufwand (Geld und Zeit betreffend) wieder zurückzubekommen. 

Wenn Sie Ihre Premium-Features nicht wie angeboten realisieren können, senken Sie den Preis, geben Sie Rabatt(e) oder finden Sie Alternativen. Aber spielen Sie Ihren Kunden nicht etwas vor, das nicht existiert. Sobald das herauskommt – und so etwas kommt heutzutage in der Regel immer raus –, haben Sie verloren. Nicht nur Ihre Kunden, sondern auch das Vertrauen und Ihr Ansehen. Bleiben Sie ehrlich!

Das gilt auch, wenn die nichtexistierenden Angebote auf einen Fehler zurückzuführen sind, für den Sie nicht verantwortlich sind. Spielen Sie mit offenen Karten und informieren Sie Ihre Kunden über den Fehler. Wo Menschen arbeiten, können Fehler immer passieren. Stehen Sie dazu und bleiben Sie menschlich. So verlieren Sie kein Vertrauen, sondern gewinnen es dazu. Und aus einer vermeintlichen Schwäche wird eine willkommene Stärke.

Grafik: Mark O. Ihlenfeldt

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