Der »eingebaute« Kunde

Die Fälle

Foto: Manuel Alvarez/pixabay

Der »eingebaute« Kunde und die unzureichende Lieferung
• Der 9. Fall

Den guten Eindruck auf dem letzten Meter verstolpern. Wie das geht und welche Auswirkung das hat, zeigt dieser Fall.

Die Bestellung bei einem großen Konzern lief erstaunlich glatt. Der Versand erfolgte sogar noch vor dem avisierten Termin. Die Sendungsverfolgung war ein Traum, ich wusste immer, wo meine Lieferung gerade war. So soll es sein. – Doch dann passierte Folgendes: Der Zusteller klingelte. Ich nahm den Hörer an der Gegensprechanlage ans Ohr und sagte dem gebrochen Deutsch sprechenden Zusteller »In den dritten Stock, bitte« und drückte den Knopf zum Öffnen der Haustür.

Zunächst Schweigen am anderen Ende. Die Person, die ich auf dem kleinen Bildschirm der Gegensprechanlage sehen konnte, zögerte. Dann sagte er: »Ich lege das Paket in den Aufzug.«

»Wir haben keinen Aufzug«, erwiderte ich und wollte noch ergänzen, dass ich ihm gern entgegenkommen werde. Doch dazu kam ich gar nicht.

»Dann lege ich es hinter die Haustür.«

»Bitte?«

»Ich habe so viele Pakete, da kann ich nicht persönlich ausliefern.«

»Wie bitte?«

»Können Sie nicht erwarten und ist auch nicht mein Job. Ich lege es hinter die Tür. Mache ich immer so.« Sprach’s, tat’s und verschwand.

Ich war einigermaßen perplex. Ich wusste, dass ich die Sendung quittieren musste. Wer unterschrieb die Sendung nun? Und tatsächlich: Ich musste den Weg ins Erdgeschoss antreten, um meine Lieferung hinter dem gläsernen Hauseingang zu finden, wo sie jeder Besucher, der das Haus betrat, einfach mitnehmen konnte.

Ziemlich irritiert wandte ich mich an die Zentrale des Logistikunternehmens. Da direkt keine Person zu sprechen war, erbat ich einen Rückruf. Der kam auch – vierundzwanzig Stunden später. Spät, aber immerhin. Die nette und freundliche Dame am Telefon nahm meine Beschwerde auf, versicherte mir, dass dieses Verhalten keinesfalls der Standard sei und versprach, dass dem Zusteller nahegebracht werden solle, dass er so nicht auftreten könne. Abwarten, wann es das nächste Mal passiert. Denn dieser Vorfall war keine einmalige Sache, sondern kommt mittlerweile häufiger vor.

Was ist passiert?

Der Zusteller ist sich nicht bewusst, dass er für einen großen Teil des Services steht, den der Logistikkonzern anbietet. Ihm geht es in dem Moment nur darum, seine Lieferungen so schnell wie möglich zu verteilen. Und das meine ich wörtlich: Nur verteilen. Von Übergabe an den Kunden ist da keine Rede. Er versteht seinen Job genau so, wie er es an dem Tag auch gemacht hat: Es reicht, die Pakete hinter die Haustür zu verfrachten, sollen sich doch die Kunden selbst darum kümmern, dass sie es bekommen. Die Lieferung quittieren lassen? Überflüssiges Gedöns. Ich muss sehen, dass ich meine Tour in möglichst kurzer Zeit abfahre und alle Pakete abwerfe, denkt er. Kann man machen, muss man aber nicht. Nachvollziehbar, dass die Zusteller seit dem Corona bedingten Lock-Down erheblich mehr zu tu haben, unter einem erheblichen Druck stehen und verbesserte Arbeitsbedingungen fordern. Das allerdings auf dem Rücken der Kunden auszutragen, ist eine ganz schlechte Idee. Denn ich selbst werde zukünftig darauf achten, einen alternativen Dienstleister zu beauftragen.

Übrigens: Dass es auch wesentlich besser geht, haben wir beim gleichen Konzern in den Monaten zuvor erlebt, als der für uns damals verantwortliche Zusteller ein echt toller Typ war: Freundlich, umsichtig, mitdenkend. Er sprach die Kunden mit Namen an, war mitteilsam und baute so eine Beziehung zum Kunden auf. Da nahm man ihm auch gern mal etwas Arbeit ab und nahm eine Lieferung für die Nachbarschaft entgegen. Leider fährt der Mann nun eine andere Tour und wir müssen mit dem Neuen Vorlieb nehmen. Scheint also auch eine Frage des Glücks zu sein. Dürfte es aber eigentlich nicht, denn zumindest der grundsätzliche Service sollte einheitlich sein und nicht so weit auseinander liegen.

Der Tipp des »eingebauten« Kunden

Auf die Menschen, die den direkten, persönlichen Kontakt mit den Kunden haben, kommt es an. Wenn Sie das nicht selbst mit Ihrem Unternehmen übernehmen, weil Sie – wie in diesem Fall – eine Lieferung über einen Logistikdienstleister zustellen lassen, dann achten Sie darauf, dass bei der Zustellung ein Mindestmaß an Service und Höflichkeit gewahrt bleiben. Sollte der Dienstleister das nicht zusichern können, suchen Sie sich einen anderen.

Eine weitere Idee: Geben Sie den Kunden die Auswahl. Lassen Sie ihn wählen, mit welchem Logistikdienstleister die Zustellung erfolgen soll. Die Kunden wissen es oft besser, welcher Zustellbetrieb in ihrer Region den besten Service bietet – und wie Ihre Ware damit problemlos ausgeliefert wird.

Als Logistikdienstleister sollte Ihnen bewusst sein, dass Quantität nicht alles ist. Qualität spielt ebenfalls eine große Rolle. Auch hier gilt: Ein Mindestmaß an Service und Höflichkeit ist eine Selbstverständlichkeit. Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit den Kunden. Überprüfen Sie durch Kundenbefragungen, ob Ihre Standards auch eingehalten werden. Führen Sie Nachschulungen bei den Mitarbeitenden durch, die sie nicht einhalten. Lassen Sie Ihren Mitarbeitenden genügend Zeit, die Zustellung qualitativ ordentlich durchzuführen und bezahlen Sie gutes Geld für gute Arbeit. Sonst passiert es sehr schnell, dass sich Ihre Kunden von Ihnen abwenden – sowohl die Versender als auch die Empfänger.


Foto: Manuel Alvarez/pixabay

© 2024 mimeco Mark O. Ihlenfeldt • Alle Rechte vorbehalten • Impressum

HTML Generator